- Projekte
- > Best-Practice-Projekte
- > Februar 2009
Original oder Fälschung? Neue Instrumente zur Authentizitätsbewertung von Aromastoffen
Die Qualität eines Lebensmittels wird maßgeblich von seinem Aroma geprägt. Rund 8.000 Aromastoffe hat man bisher in Lebensmitteln gefunden. Von besonderer industrieller Relevanz sind hiervon etwa 2.000.Bei den Aromen unterscheidet die Gesetzgebung zwischen natürlichen Aromen, die aus natürlichen Grundstoffen erzeugt werden, Aromen mit naturidentischen und künstlichen Aromastoffen sowie Aromaextrakten. Naturidentische Aromen werden nicht aus dem Naturprodukt selbst gewonnen, sind aber mit den im Naturprodukt vorkommenden Substanzen chemisch identisch. Für den deutschen Lebensmittelmarkt spielen natürliche Aromen die herausragende Rolle. Etwa zwei Drittel der in Deutschland verwendeten Aromenprodukte fallen in diese Kategorie. Ihr Handelswert beträgt schätzungsweise zwei Mrd. Euro. Die Verwendung von natürlichen Aromen ist für die Verbraucher ein wichtiges Qualitätsmerkmal und damit ein starkes Marketingargument für die Hersteller von Lebensmitteln.
Für die meisten natürlichen Aromastoffe gibt es ein naturidentisches Pendant. Diese "baugleichen" Pendants waren für die Aromenhersteller und deren Kunden – vorrangig aus der Getränke-, Süßwaren- und milchverarbeitenden Industrie – bis vor wenigen Jahren die "Achillesferse": Bei vielen Aromen gab es keine Möglichkeit zu bewerten, ob die überwiegend im Ausland zugekauften Rohstoffe zur Aromenherstellung aus natürlichen Quellen erzeugt oder synthetisch hergestellt worden waren.
Ein deutlicher Unterschied bestand und besteht jedoch im Preis: Die natürlichen Aromastoffe liegen um den Faktor 10 – 100 über den Preisen der vergleichbaren synthetischen Produkte. Durch diese Preisdifferenzen war die Gefahr groß, dass Aromenhersteller gefälschte Rohstoffe geliefert bekamen, ohne dies nachweisen zu können. Unwissentlich konnten so falsch deklarierte Endprodukte in den Handel gelangen. Die deutschen Aromenhersteller initiierten daher im Rahmen der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) zwei Forschungsprojekte, um eine gesicherte Datenbasis für die Authentizitätsbewertung von Aromastoffen zu schaffen und damit eine exakte Herkunftsbestimmung von Aromastoffen zu ermöglichen. Beide Projekte wurden über den FEI via BMWi/AiF gefördert und von Prof. Peter Schreier von der Universität Würzburg erfolgreich durchgeführt. 14 Unternehmen aus der Aromenindustrie beteiligten sich aktiv an den Vorhaben: Sie diskutierten in den regelmäßig stattfindenden Sitzungen des Projektbegleitenden Ausschusses über vorläufige Ergebnisse und regten Maßnahmen zur effizienten Durchführung der Untersuchungen an.
-
Der wahren Herkunft auf der Spur
Um die Frage zu beantworten, ob Stoffe in einem Lebensmittel natürlicher oder synthetischer Herkunft sind, hat die lebensmittelchemische Forschung zwei prinzipiell unterschiedliche Techniken entwickelt. Bei beiden wertet man Unterschiede zwischen Biochemie und Chemie anhand gezielt ausgewählter Parameter analytisch aus. So wird die bekannte Selektivität biochemischer Prozesse genutzt, bei chiralen Verbindungen bevorzugt nur eines der beiden möglichen Spiegelbilder (Enantiomere) zu biosynthetisieren. Die chemische Synthese hingegen – sieht man von Spezialfällen aufwändiger asymmetrischer Varianten ab – liefert stets ein Enantiomerenverhältnis von 50:50, d.h. ein racemisches Gemisch.
Bei Einsatz geeigneter analytischer Techniken zur Enantiomerentrennung lässt sich am ermittelten Enantiomerenverhältnis eine gesicherte Aussage über die Art der Gewinnung und damit über die Authentizität machen. Diese vor etwa 20 Jahren entwickelten Techniken sind inzwischen etabliert. Ihre Anwendbarkeit bleibt allerdings auf den kleinen Teil chiraler Aromastoffe beschränkt. Will man eine umfassendere Information zur Authentizitätsbewertung von Aromastoffen, so reichen diese Methoden nicht aus.
Hier ist die Bestimmung des Verhältnisses stabiler Isotope die Methode der Wahl. Wie alle anderen organischen Verbindungen bestehen Aromastoffe aus Atomen der Bioelemente Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff sowie gegebenenfalls Stickstoff und Schwefel. Diese Elemente kommen in der Natur als Mischungen stabiler Isotope (identische Protonen-, aber unterschiedliche Neutronenzahl) vor. Da unterschiedliche Verfahren für die Herstellung natürlicher Aromastoffe eingesetzt werden, ist die Kenntnis der genauen und gegebenenfalls herstellungsabhängigen Isotopenverhältnisse unerlässlich für eine richtige Herkunftsbewertung.
Ziel der Forschungsvorhaben war es, zur industriellen Produktion natürlicher Grundaromastoffe genutzte physikalische und mikrobiologische Verfahren unter dem Gesichtspunkt der Kontrolle von Isotopenfraktionierungen zu untersuchen. Da im industriellen Bereich aufgrund des globalisierten Marktes Rohstoffe aus verschiedenen Gebieten der Welt in Deutschland zur Verarbeitung kommen, waren dabei auch Studien zur geographischen Herkunft zu berücksichtigen.
Einen umfassenden Einblick in die Herkunft von Aromen gewährleistet die On-line-Kopplung der Gaschromatographie (HRGC) mit der Isotopenverhältnis-Massenspektrometrie (IRMS). Mit diesem Verfahren konnte erstmals eine fundierte Datenbasis über die verschiedenen Isotopenverhältnisse der Stoffe bei verschiedenen Herstellungsverfahren geschaffen werden. -
Schwere Zeiten für Aromafälscher
Das in den Forschungsprojekten entwickelte Verfahren ermöglicht heute den Unternehmen in weitem Umfang die Authentizitätsbewertung von Aromastoffen. Die Technik erlaubt die Analysevon einzelnen Bestandteilen direkt aus der komplexen Lebensmittelmatrix. Am Lehrstuhl für Lebensmittelchemie der Universität Würzburg ist eine Aromendatenbank von Multi-Element-Isotopendaten aufgebaut worden, zusätzlich nutzen diverse Hersteller die Ergebnisse als Referenzdaten in ihren eigenen Datenbanken.
So lassen sich Verfälschungen in der gesamten Produktpalette, von der Rohware bis zum fertigen Produkt, umfassend nachvollziehen.
Fazit: Die Aromenhersteller können auf Basis dieser Daten ihre Rohstoffe und daraus hergestellte Produkte effektiv und sicher kontrollieren und die Gesetzeskonformität garantieren. Verbraucher können sicher sein, tatsächlich das zu erhalten, was die Verpackung verspricht.
-
Projektbeteiligte
Forschungsstelle:
Industriegruppe:
- Deutscher Verband der Aromenindustrie e. V. (DVAI), Brüssel
(Stand: Februar 2009)
Die Forschungsvorhaben:
- AiF 13831 N "Stabilisotopenanalytik: Erfassung und Bewertung von Isotopeneffekten bei der Produktion von Aromastoffen"
- AiF 12969 N "Multielement-Isotopenverhältnisanalyse zur Herkunftsbewertung von Aromastoffen"
... ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)