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Von Vorteil für Verbraucher und Wirtschaft: Vorfrittieren mit Rapsöl
Beim Frittieren werden Lebensmittel in heißem Fett schwimmend gebacken. Für optimale Frittierergebnisse muss ein gutes Frittierfett hohe Temperaturen aushalten, sollte nicht spritzen und über einen längeren Zeitraum nutzbar sein. Über diese Eigenschaften verfügen vor allem feste bzw. gehärtete Fette aufgrund der darin vermehrt vorkommenden gesättigten Fettsäuren. Stärkehaltige Produkte wie Gebäck oder Kartoffeln sind zum Frittieren besonders geeignet – und besonders beliebt sind Pommes frites!Von Belgien aus haben die frittierten Kartoffelstäbchen die Welt erobert und sind nun sowohl an Imbissbuden als auch in einer großen Mehrzahl von Restaurants nicht mehr wegzudenken. Auch in privaten Haushalten sind Pommes frites als vorfrittiertes Halbfertigprodukt in vielen Tiefkühltruhen zu finden.
3,7 kg Pommes frites aus der Tiefkühlung isst jede(r) Deutsche im Durchschnitt pro Jahr – Tendenz steigend. Es hat sich herumgesprochen, dass Pommes frites ernährungsphysiologisch kein "Hit" sind. Sie gelten nicht nur als besonders fetthaltig, sondern stehen auch wegen der Fettsäureverteilung im Frittierfett (hoher Anteil an gesättigten Fettsäuren und teilweise auch an trans-Fettsäuren, geringer Anteil an (mehrfach) ungesättigten Fettsäuren) in der Kritik. Hier setzt ein Vorhaben der Industriellen Gemeinschaftsforschung an, das über den FEI gefördert wurde: Wissenschaftler am Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik e.V. (DIL) hatten das Ziel, Rapsöl bzw. rapsölbasierte Gemische für das Vorfrittieren von Convenience-Produkten einzusetzen, um so die Fettsäurezusammensetzung im Produkt zu optimieren.
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Ernährungsphysiologisch wertvolles Rapsöl
Das einheimische Rapsöl bot sich besonders an, da es einen hohen Gehalt an Tocopherolen aufweist und einen hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren enthält, u.a. die essentielle, dreifach ungesättigte α-Linolensäure. Die gesundheitlich positiven Wirkungen des Rapsöls, z.B. hinsichtlich der Blutfettwerte, wurden bereits in diversen Studien nachgewiesen. Gerade die ernährungsphysiologisch günstige Fettsäurezusammensetzung macht Rapsöl aber auch anfällig für die Oxidation, so dass es schneller altert und daher aus technologischer Sicht für das Frittieren eher ungeeignet ist. Doch es stehen Neuzüchtungen von Rapspflanzen mit einem veränderten Fettsäurespektrum zur Verfügung.Bei diesen auch als "high oleic low linoleic" (HOLL) bezeichneten Rapsölen ist der Anteil an einfach ungesättigten Fettsäuren, insbesondere der Ölsäure, erhöht und der Gehalt an Linolensäure verringert. Aufgrund der modifizierten Zusammensetzung verfügen diese Öle über eine höhere technologische Stabilität für das Frittieren bei einer immer noch ernährungsphysiologisch günstigen Fettsäureverteilung. -
Lösungen für die Wirtschaft gesucht – und gefunden
Um wirtschaftlich tragfähige Lösungen für das Vorfrittieren mit Rapsöl zu finden, waren zunächst die genauen Kenntnisse über die Zusammenhänge von Frittierprozess, Frittierfett und Produktqualität notwendig. Eine zentrale Rolle beim Frittieren nehmen die Wärme- und Stoffübergangsprozesse an der Grenzfläche zwischen frittiertem Produkt und Frittierfett ein. Durch die gezielte Veränderung der Grenzflächeneigenschaften des Fettes kann z.B. der Wärmeübergang auf das Produkt verbessert werden, so dass die Frittiertemperatur bei gleicher Produktqualität reduziert werden kann. Auch kann durch die Zugabe von Emulgatoren bzw. Antioxidantien der Übergang einzelner Komponenten – wie mehrfach ungesättigter Fettsäuren – aus dem Fett in das Produkt beeinflusst werden. Aber erst die genaue Kenntnis dieser Vorgänge ermöglicht letztlich die zielgerichtete Beeinflussung des Frittierprozesses unter optimalem Einsatz von Rapsöl.
Für die umfassenden Untersuchungen wurden vier verschiedene Öle bzw. Fette eingesetzt: Rapsöl und HOLL-Rapsöl (raffiniert und nicht raffiniert) im Vergleich mit Palmolein und einem teilgehärteten Pflanzenfett. Beide Vergleichsfette haben eine gute technologische Eignung für das Frittieren. -
Erkenntnisse auf andere Produkte übertragbar
Pommes frites standen bei den Forschungsarbeiten Modell, die Erkenntnisse lassen sich jedoch auch auf andere vorfrittierte Convenience-Produkte übertragen. Das Vorfrittieren selbst wurde im Technikumsmaßstab bei einer Temperatur von 170 °C mit einer Vorfrittierzeit von 90 Sekunden in einer Multifunktionsfriteuse durchgeführt.
Zunächst wurde untersucht, inwieweit sich der Stoffübergang beim Vorfrittieren durch ein Coating der Produktoberfläche mit grenzflächenaktiven Substanzen, durch Zusätze beim Frittierfett und/oder durch eine Vortrocknung beeinflussen lässt. Insgesamt zeigten sich dabei nur geringe oder keine Effekte.
Bezüglich der Veränderungen der Frittierfette beim längeren Gebrauch waren deutliche Unterschiede zwischen den beiden Vergleichsfetten hinsichtlich der Bildung von typischen Fetterhitzungsprodukten zu erkennen. Diese Untersuchungen zur Fettoxidation waren Maßstab, um die Eignung der Rapsöle zu bewerten. Dabei wurden die Veränderungen der wichtigsten amtlichen Parameter mathematisch modelliert – dies ermöglicht in industriellen Frittieranlagen die Bestimmung von geeigneten Prozessbedingungen. Bei den Oxidationsversuchen zeigte das raffinierte HOLL-Rapsöl eine sehr gute Stabilität. Die Bildung von polymeren Triglyceriden war sogar geringer als beim teilgehärteten Fett. Damit konnte gezeigt werden, dass dieses Rapsöl eine geeignete Fett-Alternative für das Vorfrittieren ist.
Insbesondere im Falle der weiteren Zubereitung als Backofen-Fritten kann auf diese Weise die ernährungsphysiologische Qualität von verzehrsfertigen Pommes frites deutlich verbessert werden: Die mit dem stabilen hochölsäurehaltigen Rapsöl hergestellten Produkte zeigten einen Anteil von ca. 2,5 % der essentiellen, dreifach ungesättigten α-Linolensäure im Fettanteil und einen Gesamtanteil von ca. 16 % an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, der auch nach fünf Tagen Nutzung des Öls noch in den vorfrittierten Pommes frites nachweisbar ist. Während der Anteil an gesättigten Fettsäuren in mit Palmolein vorfrittierten Pommes frites bei über 40 % liegt, lag der Anteil bei den mit HOLL-Rapsöl vorfrittierten Pommes frites bei nur ca. 8 %. Aus ernährungsphysiologischer Sicht ist der Vergleich mit dem teilgehärteten Fett noch gravierender, da bei der Nutzung dieses Fetts ein trans-Fettsäuregehalt von fast 15 % bezogen auf das Gesamtfett gefunden wurde.
Neben den ernährungsphysiologischen Vorteilen – die zu einer Senkung der volkswirtschaftlichen Gesundheitskosten beitragen können! – sprechen weitere Gründe für den Einsatz von Rapsöl beim Vorfrittieren. Unter anderem wird dadurch ein deutlicher Beitrag zur Stärkung der deutschen Wirtschaft geleistet. Denn während das bislang eingesetzte Palmolein aus importiertem Palmöl hergestellt wird, wird Raps hierzulande angebaut und in Ölmühlen verarbeitet: 3,6 Mio. Tonnen Öle und Fette werden in Deutschland produziert, darunter allein 2,7 Mio. Tonnen Rapsöl. Da rund die Hälfte des in Deutschland hergestellten Rapsöls exportiert wird, kann durch das durch die Forschungsarbeiten generierte Know-how die Wettbewerbsfähigkeit der ölsaatverarbeitenden Industrie im internationalen Maßstab verbessert werden. Davon können vor allem kleine und mittelständische Ölmühlen profitieren. -
Projektbeteiligte
Forschungsstelle:
Industriegruppen:
- Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland e.V. (OVID; bis 2008: Verband Deutscher Ölmühlen e.V.), Berlin
- Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen e.V. (UVOP), Berlin
(Stand: Juni 2011)
Forschungsvorhaben AiF 14340 N "Positive Beeinflussung der Fettsäurezusammensetzung im Produkt beim Vorfrittieren mit Rapsöl"
... ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)