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Wieviel Weizen steckt im Dinkel? Die DNA und weizentypische Proteine geben Auskunft
Als robust, anspruchslos und krankheitsresident beschreiben ihn die Getreidebauern, als bekömmlich und wohlschmeckend die Verbraucher: Dinkel erlebt seit den neunziger Jahren eine Renaissance. Anfang des vorigen Jahrhunderts war Dinkel von Weizen als Hauptbrotgetreide abgelöst worden, weil er im Vergleich zum Weizen nicht nur Vorteile hat: Seine Backfähigkeit ist trotz eines höheren Klebergehalts schlechter, sein Ertrag niedriger, damit sein Preis wiederum höher. Doch die beiden Getreidesorten sind enge Verwandte, es gibt auch Mischformen und Kreuzungen. Wie - neben diesen Mischformen und Kreuzungen - Weizen in den Dinkel kommt, kann viele Ursachen haben: als Durchwuchs auf dem Dinkelfeld, als Rückstand in Transportmitteln, Maschinen oder in der Backstube, als geplante und zulässige Beimischung zur Verbesserung der Backqualität, jedoch auch zur Streckung und damit zur Gewinnsteigerung. Letzteres ist bei einer fehlerhaften Deklarierung eine Täuschung des Anwenders oder Verbrauchers. Aufgrund der engen Verwandtschaft von Weizen und Dinkel war dies bislang nicht nachzuweisen. In der Branche war deshalb eine Methode zur Bestimmung des zugemischten Weizenanteils dringend gefragt. Wissenschaftler des Hans-Dieter-Belitz-Instituts in Weihenstephan und der Universität Hamburg konnten im Rahmen eines Projektes der Industriellen Gemeinschaftsforschung, das über den FEI durchgeführt wurde, zwei Nachweisverfahren entwickeln, die auf Protein- bzw. DNA-Basis die quantitative Bestimmung von Weizenanteilen in Dinkel und Dinkelprodukten erlauben.
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Sorten auf dem Prüfstand
Dafür wurden 55 Dinkelsorten, 15 Weizensorten, 3 Hartweizensorten sowie 30 verschiedene Handelsproben von Dinkelmehlen und Backmischungen untersucht. Es wurden zunächst die verschiedenen Proteine in den Proben mittels Hochleistungsflüssigkeits-chromatographie aufgeschlüsselt, identifiziert und quantifiziert: So konnte festgestellt werden, dass der Anteil an Gliadinen bei Dinkel höher war als bei Weizen, der Anteil an Glutenin hingegen niedriger. Das daraus berechnete Gliadin/Glutenin-Verhältnis lag bei Dinkel deutlich höher als bei Weizen. Die 55 Dinkelsorten wurden in fünf Gruppen eingeteilt: von Gruppe 1 "dinkeltypisch" bis Gruppe 5 "weizenähnlich". Diese Gruppeneinteilung erfolgt anhand von Markern und ermöglicht eine Aussage über das Ausmaß der Weizeneinkreuzung. -
Weizen zugemischt?
Doch nicht dieses Ausmaß war gefragt, sondern die Zumischung von Weizen zu Dinkel. Für deren quantitative Erfassung waren weitere weizentypische Proteinmarker notwendig, die in Dinkel einschließlich der Kreuzungen nicht vorkommen. So konnten in allen 15 untersuchten Weizensorten ωb-Gliadine gefunden werden, die in 51 von 55 Dinkelsorten nicht detektiert wurden. Die verbleibenden vier Dinkelsorten werden jedoch nicht in der Bundessortenliste geführt. Die ωb-Gliadine eigneten sich somit als Grundlage zu der entwickelten Stabilisotopen-verdünnungsanalyse zum Nachweis von Weizen in Dinkel. Sie ermöglicht nun die quantitative Bestimmung von Weizenbeimischungen in handelsüblichen Dinkelmehlen bis zu einem Weizenanteil von unter 1 %.
Zusätzlich wurde die DNA von Weizen und Dinkel extrahiert. Im Rahmen der Versuche wurden acht verschiedene Ansätze überprüft, aus denen eine Standardisolierungsmethode etabliert wurde. Anhand von DNA-Sequenzunterschieden zwischen Weizen und Dinkel wurde eine Real-Time-PCR-Methode und eine PCR-RFLP-Methode entwickelt, die einen Nachweis sowie eine mengenmäßige Bestimmung von Weizenanteilen in Dinkelmehlen ermöglichen.
Der weizenspezifische Sequenzunterschied konnte in 10 von 11 untersuchten Weizensorten bestätigt und in 56 von 62 untersuchten Dinkelsorten ausgeschlossen werden. Die Ausnahmen waren ein nicht-marktrelevanter Forschungsweizen und Dinkelsorten, die (bis auf die Sorte Badenstern) nicht in der Bundessortenliste enthalten sind. Mit der entwickelten Real-Time-PCR-Methode können Weizenanteile von weniger als 1 % quantifiziert werden.
Die einzelnen Verfahren als auch eine Kombination der Verfahren ermöglichen der Wirtschaft eine sichere Bestimmung des Weizenanteils in Dinkel und Dinkelprodukten. Dies ist sowohl im Interesse der Verbraucher, da diese vor Täuschung geschützt werden können, als auch im Interesse der rund 600 Mühlen und der Brot- und Backwarenhersteller (14.000 handwerkliche Bäckereien, 50 mittelständische Betriebe, vier große Betriebe) zur Überprüfung der Qualität ihrer Rohstoffe. Von den Ergebnissen des Projektes werden insbesondere solche Betriebe profitieren, die Dinkelbackwaren in ihrem Sortiment führen.
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Projektbeteiligte
Forschungsstellen:
- Hans-Dieter-Belitz-Institut für Mehl- und Eiweißforschung e.V. (hdbi), Freising-Weihenstephan
- Universität Hamburg, Hamburg School of Food Science, Institut für Lebensmittelchemie
Industriegruppen:
- Verband Deutscher Mühlen e.V., Berlin
- Verein der Förderer des Hans-Dieter-Belitz-Institutes für Mehl- und Eiweißforschung e.V.(hdbi), Freising-Weihenstephan
(Stand: Februar 2013)
Forschungsvorhaben AiF 15619 N "Entwicklung von Methoden zur Bestimmung von Weizenanteilen in Dinkelprodukten"
... ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)