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Sicherer, ökonomischer und ökologischer: "Easier-to-clean"-Oberflächen in der Lebensmittelproduktion
Der Lotoseffekt stand Pate bei dem Wunsch, vergleichbare Effekte für Oberflächen in der industriellen Produktion zu erzielen. Doch die bei der Lotospflanze entdeckte Selbstreinigungsfähigkeit flüssigkeitsabweisender nanostrukturierter Oberflächen ist in die Lebensmittelproduktion nicht übertragbar, da viele Produkte bei der Herstellung nicht nur über ein Material "laufen", sondern auch in Behältnissen "stehen" und dabei beispielsweise Biofilme bilden.
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Branchenübergreifend gefragt
Eine regelmäßige Reinigung ist daher unerlässlich, um Produktverderb und Kreuzkontaminationen zu vermeiden. Das betrifft nicht nur Produktionsanlagen, Apparate und Verpackungsmaschinen für Lebensmittel, sondern auch für pharmazeutische und kosmetische Produkte. Vor dem Hintergrund eines hohen Kosten- und Zeitdrucks suchen Hersteller von Maschinen und Anlagen als auch die produzierende Industrie daher stets nach Möglichkeiten, die notwendigen Reinigungsarbeiten schnell, effizient und sicher durchführen zu können. Einen wesentlichen Beitrag leisten dabei die Oberflächen, die bei der Herstellung mit den Produkten in Berührung kommen. Sind diese leichter reinigbar, ist der gesamte Herstellungsprozess sicherer, ökonomischer und ökologischer.
In zwei vorangegangenen IGF-Projekten des FEI (AiF 12636 N und AiF 13586 N) wurden u.a. in der Lebensmittelindustrie angewandte Oberflächen bereits erfolgreich untersucht und charakterisiert; ebenso wurden verschiedene Parameter des Reinigungsmittels unter die Lupe genommen. Darauf basierend waren die Ziele des Zutech-Projektes AiF 210 ZN, "Easier-to-clean"-Oberflächen zu entwickeln, die Reinigbarkeit von bereits genutzten Oberflächen zu beurteilen und branchenübergreifende Lösungen zu erarbeiten, die den Unternehmen praxisrelevante Empfehlungen zur optimierten Reinigung liefern. -
Von der Theorie in die Praxis
Die bekannten Theorien zur Partikelhaftung und -entfernung wurden im Rahmen der Forschungsarbeiten überprüft: Eine wesentliche Fragestellung war dabei, ob und wie theoretisch bekannte Parameter wie die Topographie oder die Rauheit der Oberfläche den Reinigungserfolg in der Praxis beeinflussen. Der Schwerpunkt wurde dabei auf die Einflussgrößen des Werkstoffs gelegt, um herauszufinden, wie stark eine Oberfläche selbst zu ihrer Reinigbarkeit beitragen kann.
Zur Untersuchung des Haftverhaltens an Oberflächen wurde ein Atomic Force Microscope (AFM) eingesetzt, mit dem sich die Wechselwirkungen zwischen Partikeln und Oberflächen bestimmen lassen. Die Ergebnisse an Modelloberflächen sind sehr gut reproduzierbar und führen insgesamt zu einem besseren grundlegenden Verständnis des Haftverhaltens. Dabei ist die Topographie der Oberfläche von Relevanz: Oberflächen mit einer geringeren Oberflächenenergie lassen grundsätzlich niedrigere Haftkräfte erwarten. Zudem konnte gezeigt werden, dass der Reinigungserfolg auch stets von der Verunreinigungsart abhängig ist: Die Elastizität bzw. die Plastizität der Partikel ist hier entscheidend.
Bei den weiteren Versuchen hat sich gezeigt, dass die Oberflächenrauheit, die mit dem Kennwert Ra die Unebenheiten der Oberflächenhöhe in μm beschreibt, lediglich bei der Reinigung von großflächigen Rückstandsfilmen eine entscheidende Rolle spielt. Hier hat sich jedoch gezeigt, dass man mit einem Grenzwert von Ra < 1 µm bei filmartigen Rückständen auf der sicheren Seite ist. Die in der Diskussion um eine bessere Reinigbarkeit häufig geforderten hochpolierten Oberflächen mit Ra < 0,3 µm konnten damit nicht bestätigt werden. Aus Reinigbarkeitsgründen kann daher auf solche kostenintensiven Veredelungsmaßnahmen der Oberflächen verzichtet werden.
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Umgesetzt und angewandt
Auf Basis der durchgeführten Untersuchungen wurden Empfehlungen erarbeitet, anhand derer Unternehmen die Reinigung produktberührender Oberflächen optimieren können. Auf diese konkreten Empfehlungen verweist auch der VDMA-Fachverband in seiner Kommunikation mit Fachleuten. Zahlreiche Industrieunternehmen, darunter in der Mehrzahl kleine und mittelständische Unternehmen, wurden seit Abschluss der Forschungsarbeiten beraten: So konnten sowohl die Vorschläge zur optimierten Reinigung bei bestehenden Anlagen bereits umgesetzt werden, als auch die Erkenntnisse beim Neubau von Maschinen und Anlagen angewandt werden.
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Projektbeteiligte
Forschungsstellen:
- Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM),
FG Oberflächentechnologien, Berlin - Universität Erlangen-Nürnberg, Department für Chemie und Bioingenieurwesen,
Lehrstuhl für Feststoff- und Grenzflächenverfahrenstechnik - Technische Universität München, Wissenschaftszentrum Weihenstephan WZW,
Lehrstuhl für Verfahrenstechnik disperser Systeme
(vormals: Lehrstuhl für Maschinen- und Apparatekunde)
Industriegruppen:
- VDMA-Fachverband Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen, Frankfurt
- Fachverband der Gewürzindustrie e.V., Bonn
(Stand: Juni 2013)
- Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM),
Forschungsvorhaben AiF 210 ZN "Nanotechnologische Entwicklung von "easier-to-clean"-Oberflächenstrukturen für eine zukünftig gesteigerte Lebensmittel- und Produktsicherheit"
... ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)