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Clever kombiniert - effizient und produktschonend getrocknet!
Forscher koppeln konventionelle Verfahren zur Trocknung von Obst und Gemüse mit innovativen Techniken
In vielen Lebensmitteln werden getrocknete pflanzliche Rohstoffe als Zutat genutzt: Sie sind kalorienarm und reich an Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen sowie sekundären Pflanzeninhaltsstoffen wie Carotinoiden oder Polyphenolen. So findet man getrocknetes Obst oder Gemüse in Cerealienmischungen oder als Bestandteil von Convenience-Produkten wie Kartoffelbrei oder Suppen. Auch pur erfreuen sie sich zunehmender Beliebtheit – als fertiger Snack in Form von Trockenobst oder zur Nahrungsergänzung als Obst- oder Gemüsepulver.
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Kosten-, zeit- und energieintensiv
Vor der erwünschten Weiternutzung steht die Trocknung – gegen die sich die pflanzlichen Zellmembranen gewappnet haben: Sie sind mit – für die Pflanze sehr sinnvollen – Barrieren ausgestattet, die den für die Trocknung notwendigen Wasserabtransport sowie den Wärmedurchgang erschweren. Diese natürlichen Widerstände führen dazu, dass die Trocknung von Obst und Gemüse kosten-, zeit- und energieintensiv ist; die thermische Belastung und die Dauer der Trocknung wiederum haben Auswirkungen auf die Produktqualität, wie Verluste von Nähr- und Aromastoffen oder Veränderungen der Farbe.
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Gesucht: Optimierter Trocknungsprozess
Die Lebensmittelwirtschaft ist daher stets auf der Suche nach einer Optimierung des Trocknungsprozesses: Ziel ist eine möglichst effiziente und produktschonende Trocknung. Zusätzlich zu konventionellen Trocknungsverfahren wie der Heißluft-, Gefrier- oder Mikrowellentrocknung mit ihren jeweils spezifischen Vor- und Nachteilen bieten sich für die gesuchte Optimierung zwei innovative Ergänzungsverfahren
an: die Anwendung von Ultraschall (US) sowie von Hochspannungsimpulsen (HSI bzw. Pulsed Electric Fields (PEF)). Denn sowohl mit einer PEF-Vorbehandlung als auch mit einer US-Unterstützung des Prozesses können die limitierenden Wärme- und Stofftransportwiderstände bei der Trocknung verringert werden.
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IGF statt Trial and Error
Damit einzelne Unternehmen dies nicht gemäß „Trial-and-Error“-Prinzip ausprobieren müssen, war es naheliegend, dies im Rahmen eines Projektes der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) systematisch zu erforschen.
Zudem war gefragt, die Vorgänge in der pflanzlichen Zelle beim Trocknungsvorgang aufzuklären, um die Erkenntnisse auf weitere Produkte und Prozesse übertragen zu können. Daran arbeitete von 2011 bis 2014 ein Team von Forschern der Technischen Universität Berlin und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Durch die Kombination der beiden innovativen Verfahren mit den konventionellen Trocknungsverfahren versprachen sich die Wissenschaftler eine deutlich höhere Effizienz des Trocknungsprozesses sowie eine Verbesserung der Produktqualität. Als unterschiedliche pflanzliche Modell-Rohstoffe wurden Äpfel, Karotten und Kartoffeln eingesetzt.
Mit Hilfe der Magnetresonanztomographie wurden die Vorgänge im Produkt bei der US-unterstützten bzw. PEF-vorbehandelten Trocknung nichtinvasiv charakterisiert und leisteten einen wesentlichen Beitrag zum besseren Verständnis. Ebenso wurde der Einfluss von US und PEF auf die Gewebestruktur und Porengröße lichtmikroskopisch untersucht. Die Impedanzmessung zeigte den Zellaufschlussgrad des untersuchten Gewebes.
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Zeitersparnisse = Kostenersparnisse
Vor allem bei der Heißlufttrocknung – dem mit Abstand am häufigsten angewandten Trocknungsverfahren – erbrachten die Zusatzverfahren Zeitersparnisse von bis zu 32 %.
- Besonders beim Apfel führte die kombinierte Behandlung aus PEF und Kontaktultraschall zu sehr großen Trocknungszeitersparnissen. Während die einzelnen Effekte durch PEF und US geringer waren, addierten sie sich durch die Kombinationsbehandlung.
- Bei der Kartoffel zeigte sich, dass allein die PEF-Behandlung zu einer Verkürzung der Trocknungszeit führte. Dabei zeigte sich, dass der Effekt tendenziell durch eine höhere Luftgeschwindigkeit begünstigt wird, wobei die Temperatur kaum einen Einfluss hat.
- Auch bei der Trocknung von Karotten führte allein die PEF-Vorbehandlung zu den größten Trocknungszeitersparnissen, während die US-Unterstützung keinen Einfluss auf den Trocknungsverlauf zeigte.
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PEF-Einsatz auch bei Gefriertrocknung sinnvoll
Im Falle der Gefriertrocknung zeigte sich zunächst, dass der Einsatz von PEF zu keiner nennenswerten Verbesserung des Trocknungsverlaufes führte. Um eine effiziente und erfolgreiche Gefriertrocknung zu gewährleisten, müssen die Proben jedoch vorgefroren werden: Hierbei ergaben die Versuche, dass ein PEF-Einsatz zu einer Beschleunigung des Gefrierprozesses führte und sich positiv auf die Produktqualität auswirkte, so dass der PEF-Einsatz auch bei der Gefriertrocknung als positiv zu bewerten ist.
Bei der Mikrowellentrocknung ließen sich im Technikumsmaßstab keine eindeutigen Vorteile für den Einsatz von US und PEF nachweisen.
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Auch ein Plus für die Produktqualität
Da sich der Nutzen der Behandlung mit innovativen Technologien nicht nur aus einer Trocknungszeitersparnis ergibt, sondern auch aus der Beeinflussung von Qualitätsparametern, wurden im Rahmen der Trocknungsversuche auch das Schrumpfungs- und Rehydratationsverhalten, der Vitamin C-Gehalt und mögliche Farbveränderungen analysiert. Je nach Verwendungszweck des getrockneten Produktes sind die Anforderungen an die Produktqualität höchst unterschiedlich: Während getrocknete Apfelringe als fertiges Produkt möglichst wenig schrumpfen und auch nicht rehydriert werden sollen, sollen beispielsweise getrocknete Kartoffeln in einer Instantsuppe über genau die gegenteiligen Eigenschaften verfügen. Die umfassenden Untersuchungen bezüglich der Qualitätsparameter zeigten auf, inwieweit sich durch die Variation der Trocknungsparameter und durch die Kombination der Verfahren die erwünschten Eigenschaften gezielter erreichen lassen.
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Anwendung lässt Unternehmen vielfach profitieren
Die hohe wirtschaftliche Bedeutung der Ergebnisse dieses IGF-Projektes zeigt sich in erster Linie in der deutlichen Senkung der Trocknungszeit vor allem durch die PEF-Vorbehandlung, die unmittelbar mit Energieeinsparungen und Kostensenkungen verbunden ist. Zudem ergibt sich durch eine verkürzte Trocknungszeit auch die Möglichkeit einer effizienteren Auslegung der Anlage und der Steigerung des
Produktdurchsatzes.
Steht die Zeitersparnis nicht im Vordergrund, lässt sich mit einer PEF-Vorbehandlung die Trocknungstemperatur deutlich senken – bei konstanter Trocknungszeit. Dies führt zu einer höheren Produktqualität sowie ebenfalls zu Energieeinsparungen und Kostensenkungen. Unter der realistischen Annahme, dass die Trocknung von Lebensmitteln für etwa 20 bis 25 % der verbrauchten Energie verantwortlich ist, kann eine Steigerung der Energieeffizienz um nur 1 % die Herstellungskosten um mindestens 10 % reduzieren bzw. den Gewinn um mehr als 10 % steigern. Weiterhin zeigte sich, dass eine produktschonende Trocknung von großstückigen Gütern – wie Kartoffelwürfeln mit einer Kantenlänge von >1,7 cm – mit einer PEF-Vorbehandlung überhaupt erst ermöglicht wird.
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Hohe Marktbedeutung
Von den umfassenden Ergebnissen können daher alle Unternehmen profitieren, die pflanzliche Rohstoffe trocknen oder diese weiterverarbeiten. Die Marktbedeutung ist hoch: Allein im Jahr 2013 wurden in Deutschland Trockenfrüchte und Trockengemüse im Wert von über 135 Mio. Euro produziert. Der Einsatz von innovativen und energieeffizienten Verfahren ist zukunftsweisend und sichert auch dem Maschinen- und Anlagenbau die notwendigen Standortvorteile in Deutschland. Durch die Einbindung der PEF-Technologie in bestehende und neue Anlagen wird der Durchbruch für dieses innovative Verfahren schnell gelingen – und einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Maschinen- und Anlagenbaus zu sichern.
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Projektbeteiligte
Forschungsstellen:
- Technische Universität Berlin, Institut für Lebensmitteltechnologie und Lebensmittelchemie, FG Lebensmittelbiotechnologie und -prozesstechnik
- Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Institut für Bio- und Lebensmitteltechnik, Bereich I: Lebensmittelverfahrenstechnik
Industriegruppe:
(Stand: Juni 2016)
Forschungsvorhaben AiF 17161 N "Verbesserung von Trocknungsprozessen pflanzlicher Rohstoffe durch prozessinduzierte Verringerung von Stofftransportwiderständen"
... ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)