Ökonomisch wie ökologisch ein Clou: Innovative Backofentechnik ermöglicht energieeffizientes und zeitsparendes Backen

Am Lehrstuhl für Strömungsmechanik der Universität Erlangen-Nürnberg: Studentin Salome Wein bei systematischen Untersuchungen zur Einsatzqualifizierung der innovativen Backofentechnik.
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Enorme Potentiale zur Einsparung von Energie stecken bei der Produktion von Brot- und Backwaren vor allem im Kern des Gesamtprozesses: im Backen. So zeigen Energieanalysen des gesamten Produktionsprozesses, dass mehr als die Hälfte des Energieeinsatzes allein in die Backöfen fließt – und von dieser für den Backprozess benötigten Energie wiederum nur ein Drittel auf die eigentliche Erwärmung der Backware entfällt. Die übrige Energie zerstreut in die Umgebung. Dieser Energiemehreinsatz kostet eine Bäckerei mit einem Mehlverbrauch von ca. 150 t/a jährlich je nach Backofentyp zwischen 5.000 und 12.000 Euro. Bei einer Vermahlung von 8,3 Mio. Tonnen Brotgetreide zu Mehl in deutschen Mühlen (laut VDM 2014/2015) summieren sich die Kosten für den Energiemehreinsatz entsprechend auf bis zu 66 Mio. Euro pro Jahr für den gesamten Wirtschaftsbereich.
Das macht deutlich, dass die Energieeffizienz beim Backen ein Schlüsselfaktor für eine umweltverträglichere Produktion sowie zur Senkung der Produktionskosten ist. Zu den hohen Energiekosten kommen Aufwendungen für CO2-Emissionen. Auch die Dauer des Backens führt Unternehmen immer wieder an die Grenzen ihrer Zeitressourcen. Der Bedarf an grundlegenden Innovationen in der Backofentechnik ist daher hoch – in ökonomischer wie ökologischer Hinsicht.

  • Erstmals in der Lebensmittelverarbeitung

    Vor diesem Hintergrund entwickelten Wirtschaftsvertreter und Wissenschaftler gemeinsam die Idee, ein an der Universität Erlangen-Nürnberg entwickeltes und patentiertes Verbrennungsprinzip erstmals in der Lebensmittelverarbeitung einzusetzen. Das genutzte Prinzip mit volumetrischen keramischen Brennern (VKB), auch Porenbrenner genannt, hat sich bereits in anderen industriellen Anwendungsfeldern als besonders energieeffizient, schadstoffarm und robust erwiesen. Hierbei erfolgt die Reaktion von Brennstoff und Sauerstoff in den Hohlräumen eines keramischen Porenkörpers, ohne dass eine offene Flamme auftritt. Daraus entstehen Vorteile wie eine sehr schnelle Wärmeübertragung, eine leichte Regelbarkeit, niedrige Schadstoffwerte und eine stabile Verbrennung selbst bei schwankenden Brennstoffeigenschaften.
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  • Gemeinschaftsforschung als Anschub für Innovationen

    Eignet sich die vielversprechende VKB-Technik grundsätzlich für den Einsatz in der Backwarenherstellung? Dieser Frage systematisch und umfassend nachzugehen, stand im Fokus eines Projektes der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF), das Forscher der Universität Erlangen-Nürnberg und der Technischen Universität München gemeinsam bearbeiteten.
    Im Zentrum des Forschungsprojektes wurde ein kommerzieller Elektro-Etagenofen mit zwölf volumetrischen keramischen Brennern umgerüstet – ein nicht-umgerüsteter Ofen gleichen Bautyps diente als Referenz bei den umfassenden Backversuchen. Der Einfluss von Form, Verteilung und Position der Brenner auf die Temperaturverteilung und Wärmeübertragung wurde zuvor numerisch simuliert, um bereits vor der Umrüstung das technische Optimum zu ermitteln. Als Referenzprodukt wurde ein 800-g-Weizenbrot ausgewählt, dessen Qualität durch Standard-Backanalysen zu Volumen, Farbe, Textur, Poren, Krume und Kruste charakterisiert wurde. In dem umgerüsteten Ofen ist die Backkammer räumlich von der Verbrennungskammer durch Quarzglas getrennt; Backwaren werden darin sowohl konvektiv über die Backraumwände als auch über Wärmestrahlung (ausgehend von den Brennern) durch das Quarzglas erhitzt. Die Unterhitze wird indirekt durch eine Abgasrezirkulationsanlage zu der Backware geleitet.

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  • Vergleich der Ofensysteme

    Ziel der Untersuchungen war es, den umgerüsteten VKB-Ofen mit einem nicht-umgerüsteten Ofen gleichen Bautyps als Referenz zu vergleichen und seine Eignung zur Backwarenherstellung nachzuweisen. Nach der Konstruktion und Inbetriebnahme des VKB-Ofens wurden umfassende Backversuche durchgeführt und die erzielte Endproduktqualität anhand verschiedener Kriterien (Gewicht, Größe, Volumen, Krustenfarbe, Härte, Porenverteilung der Krume, Elastizität und Kohäsion) ermittelt. Darauf basierend wurden die Betriebsparameter des VKB-Ofens mit dem Referenz-Ofen abgeglichen. Das Ausbacken wurde bei beiden Ofensystemen über einen seitlichen, optischen Zugang mit einer Wärmebildkamera überwacht. Dabei wurden sowohl die thermischen Eigenschaften der Backwaren als auch der Ofensysteme erfasst. Die thermographischen Daten wurden genutzt, um die Energieübertragungsmechanismen auf die Backwaren zu analysieren und systembedingte Energieverluste zu minimieren. Es zeigte sich, dass der VKB-Ofen eine mit dem kommerziellen Elektro-Etagenofen vergleichbare Temperaturverteilung erzielte.
    Studenten der Universität Erlangen-Nürnberg messen die Temperaturverteilung und die Emmissionswerte an der VKB-Oberfläche.
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  • Entscheidende Vorteile

    Auch bei den Qualitätskriterien zeigten sich keine signifikanten Abweichungen der hergestellten Brote. Es wurden qualitativ absolut gleichwertige Produkte hergestellt – bei entscheidenen Vorteilen:
    1. Verkürzte Backzeit: Im VKB-Ofen lag die durchschnittliche Backzeit des Referenzbrotes bei 28-33 Minuten, im Elektro-Ofen bei 35-40 Minuten – die Brotbackzeit war also um bis zu 20 % verkürzt.
    2. Erhöhte Energieeffizienz: Durch die verkürzte Backzeit und und die einzigartigen Eigenschaften des Brennerprinzips steigt die Energieeffizienz des VKB-basierten Backofens um bis zu 45 % im Vergleich mit konventionell gasbetriebenen Backöfen.
    3. Reduzierte Energiekosten: Durch die Tatsache, dass die Energieversorgung statt mit Strom durch Erd- oder Propangas erfolgt, ergeben sich bei den Energiekosten ein hohes Einsparpotential.
    4. Reduzierung der CO2- und Stickoxid-Emissionen: Die Zahlen lassen sich derzeit nur ungenau beziffern, doch die VKB-Emissionswerte liegen deutlich unter den Normen des „Blauen Engels“. Für mehr Umweltschutz sowie vor dem Hintergrund einer möglichen Einführung von Abgaben auf Emissionen ist eine Investition in klimaschonende Technologien daher ein Gebot der Stunde.
    Darüber hinaus überzeugt der VKB-Ofen mit einer kontinuierlichen Energieübertragung und einer sehr viel flexibleren Steuerung, die es beispielsweise ermöglicht, unterschiedliche Produkte gleichzeitig in einem Ofen zu backen. Auch für weitere Anwendungsgebiete, beispielsweise zur Herstellung von dünnschichtigem Feingebäck wie Keksen, ist die vorgestellte Technologie bestens geeignet.

  • Innovation in der Backofentechnik


    Den Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau eröffnen sich herausragende Möglichkeiten, mit einer echten Innovation in der Backofentechnik auf den Markt zu kommen. Davon werden in erster Linie Unternehmen aus der Backbranche profitieren, doch auch in der Futtermittel- oder der Süßwarenindustrie ergeben sich wegweisende Anwendungen.

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  • Zeit- und Kostenersparnis für die Backwarenbranche


    Die Backwarenbranche ist mit über 11.500 handwerklichen Betrieben und deren über 270.000 Mitarbeitern sowie rund 200 größeren Unternehmen stark mittelständisch geprägt – die Zahl der Unternehmen ist jedoch seit Jahren deutlich rückläufig. Um die Produktivität insbesondere kleiner und mittelständischer Bäckereien zu erhöhen und damit letztlich ihre Existenz zu sichern, ist die Senkung der Produktionskosten mitentscheidend. Speziell für kleine Ofentypen wie einem Ladenbackofen ist die VKB-Technik gegenüber der teuren elektrischen Beheizung eine kosten- und zeitsparende Alternative.

  • Projektbeteiligte




Forschungsvorhaben AiF 17735 N "Systematische Untersuchungen zur Einsatzqualifizierung einer innovativen Backofentechnik mit volumetrischem keramischem Brenner (VKB) einstellbaren Wellenlängenspektrums sowie hoher Regeldynamik und Energieeffizienz"

... ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)


Förderhinweis