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Projekt des Monats August 2021
Klare Aussichten für Kellereien: Forschungsteam entwickelt alternatives Verfahren zur Bentonitschönung von Wein, Sekt und Traubensaft
Nicht nur Geruch und Geschmack zeichnen einen guten Wein aus – auch die Optik spielt eine entscheidende Rolle: Neben der Farbe ist es wichtig, dass der Wein keine Trübungen aufweist, sondern klar und stabil ist. Eine häufige Ursache für Trübungen sind im Wein enthaltene Proteine, die vielfach erst nach der Abfüllung Nachtrübungen verursachen. Bedingt durch die Klimaveränderung und wärmere Jahrgänge hat die Häufigkeit von Nachtrübungen in Deutschland in den letzten Jahren zugenommen, denn der Trockenstress führt zu signifikant höheren Proteingehalten. Insbesondere die Trauben aus Steillagen sind hiervon besonders betroffen.Um der Nachtrübung vorzubeugen, ist es gängige Praxis, die gelösten Proteine aus Most und Wein durch die Zugabe von Bentonit, das die Proteine adsorbiert, zu entfernen. Eine technisch und rechtlich geeignete Alternative steht bislang nicht zur Verfügung – dies ist speziell in Deutschland ein Problem: Während in südeuropäischen Weinbauregionen, die generell höheren Temperaturen ausgesetzt sind, der Einsatz von deutlich wirksameren Natrium-Bentoniten erlaubt ist, sind hierzulande nur die weniger wirksamen Misch- und Calcium-Bentonite zugelassen, die dann in höheren Mengen eingesetzt werden – auch, da die Wirksamkeit von Bentonit bei den klimabedingt höheren pH-Werten in Most und Wein abnimmt. Die Bentonitschönung mit erhöhten Dosagen führt jedoch wiederum dazu, dass neben der Bindung der Eiweiße ebenfalls wertgebende Inhaltsstoffe wie Aromastoffe und Anthocyane adsorbiert werden. Sensorische Qualitätsverluste sind die Folge.
In der gesamten Wein- und Sektbranche besteht daher ein hoher Bedarf nach Alternativen zu Bentonit. Auch die Hersteller von Traubensäften würden von einer Alternative profitieren. Ein Fall für die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF): Zwei Forschungsteams aus Geisenheim und Gießen haben sich im Rahmen eines aktuellen IGF-Projekts des FEI zum Ziel gesetzt, die Struktur nachtrübungsrelevanter Weinproteine aufzuklären und enzymatische Verfahren zur Vermeidung von Eiweißtrübungen als Alternative oder Ergänzung zur Bentonitschönung zu entwickeln. Sie wollen trübungsrelevante Proteine mittels Peptidasen (Proteasen) gezielt entfernen; bislang gelingt dies nicht, da die Proteinstrukturen ungewöhnlich stabil sind und sich die Bedingungen im Wein – wie pH-Wert, Temperatur und Alkoholgehalt – negativ auf enzymatische Aktivität der meisten Proteasen auswirken.
Im Rahmen eines umfassenden Enzym-Screenings werden Peptidasen aus Insekten ausgewählt: Vorrangig aus jenen, die an Trauben saugen, da diese Insekten Weinproteine wahrscheinlich proteolytisch zur Nahrungsverwertung abbauen. Ausgewählte Moste aus verschiedenen Rebsorten und Anbaugebieten werden untersucht, darunter Riesling, Traminer und Portugieser. Die Eiweißstabilität der enzymatisch behandelten Moste bzw. ausgebauten Weine wird durch Lagerversuche ermittelt.
Für Wein- und Sektkellereien können nachgetrübte Produkte aufgrund von Reklamationen und Rückrufaktionen zu erheblichen wirtschaftlichen Problemen und Imageverlusten führen. Neben dem Auftreten von Trübungen ist auch der Verlust von Wein im Bentonittrub beachtlich. Eine Reduzierung der Bentonit-Einsatzmengen oder der Ersatz von Bentonit durch Peptidasen würde einen erheblichen Beitrag zur Qualitätssteigerung sowie zur Reduzierung des Weinverlustes leisten. Davon können kleine wie große Betriebe enorm profitieren.
Informationen zum IGF-Projekt AiF 20911 N "Vermeidung von Eiweißtrübungen in Weinen und Traubensäften durch den Einsatz proteolytischer Enzyme als Alternative zu Bentonit"
... ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)