Projekt des Monats April 2023

Upcycling von Johannisbeertrester: Höhere Wertschöpfung durch Nutzbarmachung hochwertiger Inhaltsstoffe

Der Wert vieler Nebenprodukte in der Lebensmittelverarbeitung erschließt sich häufig nicht direkt – so auch bei der Saftproduktion: Während bei der Herstellung von Apfelsaft mittlerweile eine nahezu vollständige Rohstoffverwertung über die Pektinherstellung erfolgt, werden die Pressrückstände von Frucht- und Gemüsesäften trotz zahlreicher wertgebender Inhaltsstoffe kaum für die menschliche Ernährung genutzt. Vielmehr dienen die Trester überwiegend zur Düngung, als Tierfutter oder werden ungenutzt verbrannt. Damit gehen auch hochwertige Inhaltsstoffe wie Ballaststoffe, Lipide, Mineralstoffe und Polyphenole mit ihren antioxidativen, entzündungshemmenden und antimikrobiellen Wirkungen verloren.

Dies betrifft ebenfalls die Trester von Strauchbeeren wie Kulturheidelbeeren, Brombeeren oder Johannisbeeren: Im Jahr 2022 wurden 43.000 Tonnen Strauchbeeren in Deutschland geerntet, wobei 14.100 Tonnen auf schwarze, rote und weiße Johannisbeeren entfielen; deren Verarbeitung zu hochwertigen Direktsäften erfolgt vorrangig in kleinen und mittelständischen Betrieben, für die Nischenprodukte wie Johannisbeersäfte wichtige Umsatzträger sind.

Das hohe Potential und die nachhaltige Nutzung dieses saisonal anfallenden Tresters steht derzeit im Mittelpunkt eines Projektes der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF): Ein Team von WissenschaftlerInnen der Technischen Universität Dresden und der Technischen Universität Berlin hat sich gemeinsam das Ziel gesetzt, das Anwendungsspektrum von Johannisbeertrester sowohl durch die gezielte Aufarbeitung des Gesamttresters als auch durch die Isolierung von wertbestimmenden Fraktionen erheblich zu erweitern. So wie sich die Weiterverwendung von Traubentrester aus der Weinherstellung für die Gewinnung von hochpreisigen Produkten wie Traubenkernöl und Traubenkernmehl etabliert hat, soll ein solches Upcycling auch mit dem Trester von Johannisbeeren gelingen. Die Erkenntnisse dienen im Anschluss zur Übertragung auf weitere Beerentrester, so dass die Möglichkeit einer Zero-Waste-Strategie für die gesamte Beerensaftproduktion besteht.

Im Zuge eines vorangegangenen Forschungsprojekts der Technischen Universität Dresden wurde bereits ein Basisverfahren für die Weiterverwendung von Beerentrestern entwickelt; dieses umfasst eine schonende konvektive Trocknung und die anschließende Vermahlung des gesamten Tresters, der in Backwaren und anderen cerealienbasierten Produkten erfolgreich eingesetzt wurde. Für weitere lebensmittelrelevante Anwendungen kam das Mahlprodukt jedoch nicht in Frage, da es mit der eingesetzten Technik nur unzureichend zerkleinert werden konnte und größere Partikel zu negativen sensorischen Eigenschaften hinsichtlich Textur und Mundgefühl führten. Die Technische Universität Berlin weist als Projektpartner vielseitige Erfahrungen im Bereich der Gewinnung, Modifizierung sowie des Einsatzes von pflanzlichen Proteinen als funktionelle Lebensmittelinhaltsstoffe auf; diese Forschungsergebnisse werden bereits in der Praxis angewandt.

Zu Beginn der Forschungsarbeiten stand neben einer Optimierung der sensorischen Eigenschaften durch eine Feinvermahlung des Gesamttresters die Gewinnung der Fraktionen Proteine und Ballaststoffe im Fokus; im Rahmen der Forschungsarbeiten konnten Polyphenole und Samenöl als weitere Fraktionen nutzbar gemacht werden, so dass zusätzliche Möglichkeiten zur Wertschöpfung ohne Reststoffe in Zukunft gegeben sein werden. Für die industrielle Umsetzung wird zudem der Einsatz des feinvermahlenen Tresterpulvers als auch der isolierten Fraktionen in Lebensmitteln untersucht: Süße Streichcremes, gemüsebasierte Streichcremes sowie stichfester Joghurt stehen dabei Modell, um die technofunktionellen, sensorischen und ernährungsphysiologischen Eigenschaften der Upcycling-Produkte in der Anwendung zu prüfen und solide Grundlagen für eine Anwendung in Unternehmen zu schaffen.
Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen – von denen bereits einige im Projektbegleitenden Ausschuss mitwirken – werden von den Ergebnissen profitieren können: Darunter sind Keltereien, Hersteller von Lebensmittelinhaltsstoffen sowie Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau.


Informationen zum IGF-Projekt AiF 20917 BG "Wertsteigernde Aufarbeitung von Nebenprodukten der Johannisbeerverarbeitung"

... ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)

Förderhinweis
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