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Projekt des Monats März 2024
Kultiviertes Fleisch als Lösung für die Fleischproduktion der Zukunft: Forschungsteam entwickelt Stützstrukturen für kultiviertes Fleisch
Wenngleich der Fleischverzehr in Deutschland in den letzten Jahren abgenommen hat, ist er weiterhin auf einem hohen Niveau: 2022 wurden 52 kg Fleisch pro Kopf verzehrt. Damit verbunden sind Auswirkungen auf die Umwelt wie ein hoher Flächen- und Wasserverbrauch, die Emission von Treibhausgasen oder der Import großer Mengen an Futtermitteln, ebenso wie tierethische Fragestellungen.
Vor diesem Hintergrund gilt die Kultivierung von Fleisch als ein vielversprechender Lösungsansatz für die Herausforderungen unserer Zeit: Durch die Gewebezüchtung mit dem Ziel, Fleisch zum menschlichen Verzehr im industriellen Maßstab in vitro herzustellen, wird eine nachhaltige und ethisch vertretbare Produktion von Fleisch ermöglicht, ohne dass Tiere gehalten und getötet werden müssen und die Umwelt belastet wird. Um sowohl qualitativ als auch preislich mit – den vielfach subventionierten – Tierprodukten konkurrenzfähig zu werden, sind noch viele Hürden zu nehmen. Gelingt dies, wird bis 2030 erwartet, dass kultiviertes Fleisch und Fleischalternativen bis zu 30 % des weltweiten traditionellen Fleischmarktes abdecken könnten. Einen wichtigen Beitrag kann hier die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) leisten!
Derzeit fehlen noch etablierte Verfahren zur Herstellung von lebensmittelkonformen Stützstrukturen, die es den kultivierten Muskelzellen ermöglichen, effektiv zu haften, sich zu vermehren und komplexe Fleischstrukturen zu bilden. Im Rahmen eines aktuellen IGF-Projekts soll diese große technische Herausforderung nun von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der TU Berlin (Institut für Lebensmitteltechnologie und Lebensmittelchemie: FG Lebensmittelbiowissenschaften | FG Lebensmittelbiotechnologie und -prozesstechnik, Institut für Biotechnologie: FG Angewandte Biochemie) gelöst werden, indem vegane Stützstrukturen für kultiviertes Fleisch gezielt hergestellt werden. Dabei verfolgt das aus drei Forschungsgruppen bestehende Team zwei Ansätze: einen Top-Down-Ansatz durch Extrusion und einen Bottom-Up-Ansatz durch 3D-Biodruck.
Beim Top-Down-Ansatz werden hochporöse oder faserartige Strukturen extrudiert, wobei Protein-Polysaccharid-Mischungen verwendet werden, aus denen eine der Komponenten im Anschluss durch thermische oder enzymatische Verfahren wieder entfernt wird. Die so entstehende hohe Porosität ermöglicht die Besiedelung der Strukturen mit Hühnermuskelzellen und ihre Kultivierung. Beim Bottom-Up-Ansatz werden vaskularisierte Stützstrukturen besiedelt, indem blutgefäßähnliche Strukturen aus veganen Biotinten 3D-gedruckt und somit nachgebildet werden. Durch die Kombination beider Ansätze sollen Erkenntnisse über die Biokompatibilität und das Phasenverhalten der Rohstoffe, die erforderliche Porosität der Stützstrukturen und die Kultivierungsbedingungen gewonnen werden. So sollen gezielt kultivierte Fleischprodukte hergestellt werden können, die den Texturen und Strukturen von Hühnerfilet und Geflügelhackfleisch entsprechen. Abschließend wird eine technofunktionelle sowie wirtschaftliche Bewertung des Prozesses vorgenommen.
Bereits 26 % der Deutschen können sich kultiviertes Fleisch als Ernährungslösung der Zukunft vorstellen. Währenddessen wächst bereits seit vielen Jahren der Markt für Alternativen zum Fleisch: So betrug im Jahr 2020 der Umsatz mit Fleischersatzprodukten in Deutschland 374,9 Mio. Euro, hauptsächlich in Form von Fertiggerichten. Fast 80 % der Hersteller sind kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Um in diesem wachsenden internationalen Markt bestehen zu können, ist es besonders für Unternehmen dieser Größe wichtig, ihr Produktportfolio zu erweitern, indem kultiviertes Fleisch im industriellen Maßstab produziert wird. Hierzu kann das Vorhaben das entscheidende biotechnologische Know-how zur Verfügung stellen – auch für die klassische fleischverarbeitende Industrie, um von dem großen wirtschaftlichen Potenzial zur Herstellung hochwertiger Alternativen aus kultiviertem Fleisch profitieren zu können.
Informationen zum IGF-Projekt 22232 N "Einsatz von Inulosucrasen zur effizienten Synthese von Fructo-Oligosacchariden und Inulin aus Saccharose"
... ein Projekt der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)